Inhalt:
„Memoiren einer Schnecke“ stellt einen Stop-Motion-Film dar, der ernste Themen mit poetischer Bildsprache verknüpft. Durch seine ruhige Erzählweise und die konsequent gezeichneten Figuren schafft das Werk einen Raum, in dem Schmerz und Hoffnung nebeneinander bestehen dürfen. Gerade die Mischung aus kindlicher Symbolik und erwachsener Schwere gibt dem Film seine prägnante Eigenart.
Im Mittelpunkt steht Grace, deren Jugend von Verlust, Isolation und einer ungewöhnlichen Sammelleidenschaft geprägt wird. Briefe an ihren Bruder halten eine fragile Verbindung, während neue Begegnungen ihr Leben formen. Pinky wird zur wichtigsten Bezugsperson, ehe Krankheit und Tod erneut Einschnitte markieren. Doch erst mit der späten Rückkehr von Gilbert findet Grace eine Möglichkeit, Vergangenes zu ordnen. Wie verändert sich ihre Welt durch dieses späte Wiedersehen?
„Memoiren einer Schnecke“ erschien 2024 als australischer Stop-Motion-Animationsfilm unter der Regie von Adam Elliot, der zugleich das Drehbuch verfasste und gemeinsam mit Liz Kearney produzierte. Die Filmmusik komponierte Elena Kats-Chernin, während Gerald Thompson die Kamera führte und Bill Murphy den Schnitt verantwortete. Mit einer Laufzeit von 94 Minuten und einer Altersfreigabe ab 12 Jahren präsentiert der Film ein Ensemble, das Eric Bana als James The Magistrate, Sarah Snook als Grace Pudel, Kodi Smit-McPhee als Gilbert Pudel, Dominique Pinon als Percy, Jacki Weaver als Pinky, Nick Cave als Bill Clarke, Magda Szubanski als Ruth, Adam Elliot als Denise Floyd und Bernie Clifford als Owen umfasst. Gedreht wurde im Mai 2023 in Melbourne, wobei die Produktion über acht Jahre entwickelt wurde und ein Budget von 4,5 Millionen US-Dollar aufwies.
Die Weltpremiere fand am 10. Juni 2024 beim Annecy International Animation Film Festival statt, wo der Film mit dem Cristal Award ausgezeichnet wurde. Im Herbst 2024 erfolgten Kinostarts in Australien sowie den USA, später auch in Europa. Memoiren einer Schnecke erhielt zahlreiche Preise, darunter bei Sitges, Mill Valley und dem BFI London Film Festival. Mehrere Nominierungen bei internationalen Kritiker- und Branchenpreisen folgten, bis hin zur Oscar Nominierung als bester animierter Spielfilm. Jacki Weaver gewann zudem einen AACTA Award als beste Nebendarstellerin, während Sarah Snook als beste Hauptdarstellerin geehrt wurde. Das weltweite Einspielergebnis lag bei 7,6 Millionen US-Dollar.
Grace Pudel wächst im Melbourne der 1970er-Jahre mit ihrem Zwillingsbruder Gilbert und ihrem Vater Percy auf. Der frühere Jongleur ist nach einem Unfall gelähmt und dem Alkohol verfallen. Grace erinnert sich an ihre verstorbene Mutter, indem sie Schnecken sammelt. Gilbert beschützt sie in der Schule vor Hänseleien wegen ihrer Lippenspalte. Als Percy im Schlaf stirbt, werden die Geschwister getrennt. Grace landet bei einem Ehepaar in Canberra, das sie vernachlässigt, während Gilbert in Perth bei einer religiösen Familie Misshandlungen erträgt. Briefe halten ihre Verbindung, doch die Distanz prägt beide tief.
Im Jugendalter trifft Grace die exzentrische Pinky, die trotz vieler Schicksalsschläge stets Optimismus ausstrahlt. Nachdem ihre Pflegeeltern fortziehen, wird Pinky zu ihrer Bezugsperson. Gilbert erlebt unterdessen weiterhin Gewalt, nur der jüngste Sohn Ben zeigt ihm Zuneigung. Während Grace Halt in Pinkys Freundschaft findet, steigert sich ihre Obsession für Schneckenartikel. Sie kauft Sammlerstücke, hortet sie und verliert sich in Fantasien. Die Begegnung mit Pinky schenkt ihr jedoch zum ersten Mal das Gefühl, ernsthaft gesehen und verstanden zu werden. Trotz der Zuneigung bleibt sie innerlich leer und hoffnungslos.
Später verliebt sich Grace in ihren Nachbarn Ken. Die Beziehung endet mit einer Verlobung, doch kurz vor der Hochzeit erreicht sie die Nachricht von Gilberts angeblichem Tod bei einem Brand, ausgelöst nach grausamer Behandlung durch seine Pflegemutter Ruth. Der Schock stürzt Grace in eine Depression. Sie überfrisst sich, hortet weiter und entdeckt, dass Ken sie absichtlich mästete. Die Ehe zerbricht, einzig Pinky bleibt an ihrer Seite. Als Pinky Alzheimer bekommt, übernimmt Grace deren Pflege. Nach Pinkys Tod entdeckt Grace eine Kiste mit Ersparnissen und einem Brief im Kartoffelbeet, der sie zu einem Neuanfang ermutigt.
Durch Pinkys Worte beginnt Grace, ihr Leben neu zu ordnen. Sie trennt sich von ihrer Schneckensammlung und hält nur die Mütze, die ihr Vater einst strickte. Ein Jahr später verwirklicht sie ihren Traum, Stop-Motion-Animationsfilme zu gestalten. Bei einer Vorführung erscheint Gilbert, der das Feuer überlebte. Beide umarmen sich und beschließen, das Versprechen an ihren Vater einzulösen. Gemeinsam verstreuen sie seine Asche auf einer Achterbahn im Luna Park. Die Geschwister finden zurück zueinander und gewinnen endlich die Geborgenheit, die ihnen über Jahre gefehlt hat.
Adam Elliot formt in „Memoiren einer Schnecke“ eine ernste, zugleich verspielte Geschichte über Verlust. Humor und Schmerz greifen ineinander, doch das Verhältnis bleibt bewusst heikel. Handgefertigte Figuren wirken handgemacht, mit Kanten, Rissen und absichtlicher Sprödigkeit. Somit bleibt die emotionale Linie trotz Brüche erkennbar. Grace trägt viele Szenen mit trockenem Witz und Müdigkeit. James irritiert, während Pinky Szenen mit stoischer Wärme erdet. Dennoch häufen sich Tragödien, wodurch das Erzähltempo stellenweise ermattet. Trotzdem halten präzise Übergänge die episodische Struktur halbwegs zusammen.
Problematisch wirkt die ständige Voice-over-Führung mit erklärenden Rückgriffen. Damit geraten starke Bilder gelegentlich zu illustrierten Stichwortkarten. Einige der schlüpfrigen Gags kontern Härte, doch entwerten Momente. Besonders die Hochzeitspause mit der vernichtenden Nachricht wirkt kalkuliert. Dagegen trifft die Kartoffelbeet-Szene eine ehrliche, überraschend ruhige Note. Die beiläufige Geste mit der Kiste verdient ihre leise Wirkung. Anschließend überzeugt der finale Achterbahnmoment durch knappen, klaren Abschluss. Trotz mancher Überfrachtung hält die Erzählung genug Luft zum Atmen. Wer erwachsene Animation schätzt, findet hier viel Stoff. Andere stolpern über Tonbrüche, aber bleiben an Grace’ Würde hängen.
Letzte Aktualisierung am 20.09.2025 / Affiliate Links / Bilder von der Amazon Product Advertising API