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In „Wir sind die Flut“ verschwindet das Meer vor einem norddeutschen Dorf. Gleichzeitig bleiben alle Kinder spurlos verschwunden. Die Behörden versiegeln das Gebiet, die Wissenschaft findet keine Antworten. Jahre später sucht der Physikstudent Micha nach einer Erklärung. Er widersetzt sich den Vorgaben seiner Universität und reist mit gestohlener Ausrüstung nach Windholm. Jana begleitet ihn, obwohl sie längst mit der Physik abgeschlossen hat. Die beiden hoffen, in der Sperrzone neue Hinweise zu finden.
Ihre Untersuchungen beginnen heimlich, stoßen aber auf Widerstand im Dorf. Die verbliebenen Bewohner begegnen ihnen mit Misstrauen. Messungen bleiben ohne Ergebnisse, doch ein Grab auf dem Festland rückt in den Fokus. Der Tod eines Jungen scheint mit dem Verschwinden verbunden. Eine unheimliche Verbindung zwischen Micha und dem Toten lässt ihn nicht los. Während sich die Ereignisse verdichten, wächst bei Jana der Zweifel. Was, wenn ihre Nachforschungen etwas in Bewegung setzen, das besser ruhen sollte?
Der Film „Wir sind die Flut“ entstand 2016 unter der Regie von Sebastian Hilger. Das Drehbuch schrieb Nadine Gottmann, produziert wurde von Anna Wendt, Fabian Winkelmann, Edgar Derzian, Johannes Jancke und Lasse Scharpen. Max Mauff übernahm die Hauptrolle als Micha, Lana Cooper spielte Jana, Gro Swantje Kohlhof verkörperte Hanna. Roland Koch war als Karl zu sehen, Max Herbrechter als Prof. Feuerstein. Weitere Rollen übernahmen Hildegard Schroedter, Waldemar Hooge, Mikke Emil Rasch und Ulrike Hübschmann. Die Musik komponierte Leonard Petersen, die Kamera führte Simon Vu, den Schnitt übernahm Linda Bosch.
Gedreht wurde im November und Dezember 2014 in Berlin, Immerath, Borschemich und auf Pellworm. Die Uraufführung fand auf der Berlinale 2016 statt, Kinostart war im November desselben Jahres. Der 84 Minuten lange Film erhielt eine FSK-Freigabe ab 6 Jahren. Er lief auf zahlreichen Festivals und gewann unter anderem zwei Preise beim Torino Film Festival. Die Produktion erhielt zudem mehrere Nominierungen, unter anderem beim First Steps Award und dem Studio Hamburg Nachwuchspreis.
Vor fünfzehn Jahren verschwand das Meer vor Windholm. Seitdem liegt eine merkwürdige Stille über dem Ort. Gleichzeitig verschwanden auch die Kinder des Dorfes. Ihre Körper wurden nie gefunden. Die rätselhaften Ereignisse werfen bis heute Fragen auf. Die Menschen in der Region leben seither mit der Leere, die das Meer hinterlassen hat. Niemand konnte erklären, was genau passiert ist. Die Ursache der Anomalie blieb unentdeckt. Wissenschaft und Politik ignorierten das Phänomen. Der Ort wurde gesperrt. Die Erinnerungen der Bewohner verblassten mit der Zeit, doch die Unruhe blieb spürbar und drängte weiter.
Der Physikstudent Micha will diese Leere mit Wissen füllen. Er entwickelt eine Theorie über die physikalischen Ursachen des Meeresschwunds. Seine Universität lehnt jedoch das Projekt ab. Frustriert verlässt er die Institution und reist mit gestohlener Technik nach Windholm. Begleitet wird er von Jana, seiner Ex-Freundin, die ihr Studium aufgegeben hat. Gemeinsam dringen sie mit gefälschten Papieren in das abgesperrte Gebiet ein. Dort beginnen sie heimlich Messungen. Ihre Hoffnung liegt auf gravimetrischen Abweichungen, die das Verschwinden des Wassers erklären könnten. Doch sie stoßen auf Sabotage und Ablehnung im Dorf.
Trotz der Hindernisse setzen Micha und Jana ihre Untersuchungen fort. Die junge Hanna hilft ihnen. Sie lebt mit ihrer Mutter Sophie in der Nähe des Zaunes. Die Forscher dringen schließlich mit Schutzanzügen in das Watt vor. Dort zeigen die Geräte keine nennenswerten Veränderungen der Schwerkraft. Die Hypothese scheint zu scheitern. Dennoch geben sie nicht auf. Neue Hinweise führen sie zu einem Grab an Land. Dort liegt Matti, ein Junge, der kurz vor der Katastrophe gestorben war. Von diesem Ort geht offenbar die Kraft aus, die das Meer verdrängt.
Micha spürt eine rätselhafte Verbindung zu Matti. Im Watt begegnet er sogar einer Erscheinung des Jungen. Er verlässt schließlich seinen Anzug und verschwindet in der Zone. Das Dorf verändert sich spürbar. Der Schutzzaun wird entfernt. Die Menschen wirken befreit. Jana kehrt zurück nach Berlin. Wochen später steht Micha plötzlich vor ihr. Seine Rückkehr bleibt ebenso geheimnisvoll wie sein Verschwinden. Die Grenze zwischen Realität und Unerklärlichem verschwimmt.
„Wir sind die Flut“ wagt viel und verlässt vertraute Pfade des Genres. Der Film stellt eine ungewöhnliche Grundidee ins Zentrum, bleibt dabei konsequent reduziert. Statt Erklärungen setzt er auf Atmosphäre und vage Andeutungen. Diese Entscheidung erzeugt Spannung, lässt aber auch manche Fragen unbeantwortet. Die langsame Erzählweise funktioniert anfangs, verliert später jedoch an Wirkung. Besonders die zweite Hälfte driftet stellenweise ins Beliebige. Einige Szenen wirken konstruiert, ohne erkennbaren Bezug zur Gesamtentwicklung.
Die Inszenierung verzichtet bewusst auf überladene Effekte, was der Glaubwürdigkeit zugutekommt. Gleichzeitig fehlt es manchen Momenten an Kraft, weil innere Entwicklungen nicht klar genug erkennbar werden. Die Idee der Gravitation als Erzählantrieb überzeugt formal, erreicht aber nicht durchgehend narrative Tiefe. Die Figur Micha bleibt trotz zentraler Rolle stellenweise schemenhaft. Jana gewinnt hingegen durch ihre Ambivalenz. Der Film wirkt am stärksten, wenn er auf kleine Beobachtungen setzt, verliert jedoch an Spannung, sobald er sich in symbolischen Bildern verliert. Diese Gratwanderung funktioniert nicht durchgehend, erzeugt aber eine eigenständige Handschrift. „Wir sind die Flut“ bleibt ein ambitionierter Versuch, der bewusst Grenzen testet, ohne sie immer zu füllen.
Letzte Aktualisierung am 7.10.2025 / Affiliate Links / Bilder von der Amazon Product Advertising API