Inhalt:
Grüner Wasserstoff rückt immer stärker ins Zentrum der Pläne, Industrie und Energiesysteme klimafreundlich umzubauen. Stahlwerke, Chemieparks oder Raffinerien stehen vor der Aufgabe, fossile Brennstoffe zu ersetzen und ihren Ausstoß von CO₂ spürbar zu verringern. Wo sich Prozesswärme oder Grundstoffe kaum direkt elektrifizieren lassen, bietet Wasserstoff eine der wenigen tragfähigen Perspektiven. Gerade PEM-Elektrolyseure gelten dabei als Schlüsseltechnik, weil sie flexibel auf schwankenden Ökostrom reagieren und so Wind- und Solaranlagen noch besser einbinden können. Lange allerdings galten sie als zu teuer, um wirklich großflächig eingesetzt zu werden.
Inzwischen macht eine Zahl die Runde, die Fachleute wie politische Strategen aufhorchen lässt: weniger als 100 Euro je installiertem Kilowatt. Diese Schwelle markiert nicht nur einen technischen Fortschritt, sondern sendet Signale in alle Richtungen – vom Rohstoffmarkt bis hin zu Investoren. Damit steht die Frage im Raum, welche Entwicklungen es tatsächlich möglich machen, PEM-Systeme so weit herunterzurechnen. Und ob dieser Preisrutsch der PEM-Elektrolyse sich dauerhaft trägt oder nur eine Momentaufnahme bleibt, die mehr mit Überkapazitäten als mit nachhaltigen Kostensprüngen zu tun hat.
Immer ausgeklügeltere Membranstrukturen und neu entwickelte Katalysatorschichten tragen dazu bei, dass PEM-Elektrolyseure heute mehr Wasserstoff pro eingesetztem Edelmetall erzeugen als noch vor wenigen Jahren. Hersteller setzen auf dünnere Iridiumschichten, effizientere Gasdiffusionslagen und verbesserte Protonenaustauscher, die den elektrischen Widerstand deutlich senken. Gleichzeitig erleichtern kompaktere Stack-Designs die Kühlung und reduzieren Druckverluste im System. All das zusammen steigert den Wirkungsgrad, während die benötigten Mengen an Platin und Iridium pro Kilowatt Leistung messbar schrumpfen.
Gerade im Zusammenspiel mit erneuerbaren Energien punktet die PEM-Technologie gegenüber der traditionellen alkalischen Variante. Weil sie schnell hoch- und herunterregeln kann, folgt sie mühelos den Schwankungen von Wind- oder Solaranlagen. Die alkalische Elektrolyse arbeitet hingegen stabiler bei gleichförmiger Belastung, reagiert aber träger auf Lastwechsel. Für Standorte, die direkt an schwankende Grünstrom-Quellen gekoppelt sind, wird die PEM dadurch oft zur bevorzugten Option.
Standardisierte Fertigungsabläufe und vollautomatisierte Montagestrecken verändern derzeit die Kostenstruktur bei PEM-Elektrolyseuren grundlegend. Wo früher oft noch manuelle Arbeit dominierte, laufen heute Roboterarme, die Membraneinheiten präzise zusammenfügen und Prüfprozesse lückenlos dokumentieren. Gleichzeitig erlauben modulare Designs, Baugruppen vorzufertigen und später flexibel zu skalieren. Größere Stückzahlen senken dabei nicht nur die Materialpreise durch Volumenrabatte, sondern auch die Kosten für Qualitätsprüfungen und Zulassungen.
Diesen Effekt suchen vor allem europäische Herstellerverbünde und asiatische Konzerne gezielt auszureizen. Während sich in Deutschland und Frankreich Konsortien aus Maschinenbauern, Chemiefirmen und Energieversorgern bilden, treiben Länder wie China und Südkorea den Aufbau von Gigawatt-Fabriken mit staatlicher Unterstützung voran. Diese Gigafactories bündeln Forschung, Fertigung und Testfelder unter einem Dach. Sie profitieren von kurzen Transportwegen, eingespielten Lieferketten und einer hohen Taktzahl, die Kosten drückt und Markteintritte beschleunigt.
Nationale Wasserstoffstrategien und der europäische Green Deal sorgen derzeit für kräftige Impulse. Förderprogramme, die Anschubfinanzierungen bieten oder Risiken abfedern, machen Projekte erst möglich, die ohne diese Hilfen wohl nicht gebaut würden. Zuschüsse für Elektrolyseure, günstige Kreditlinien oder Ausschreibungen für sogenannte IPCEI-Vorhaben (Important Projects of Common European Interest) führen dazu, dass Hersteller schneller Kapazitäten aufbauen und Betreiber neue Geschäftsmodelle testen. Gleichzeitig verpflichten sich viele Staaten, konkrete Mengen grünen Wasserstoffs abzunehmen, was die Planungssicherheit erhöht und Investoren anlockt.
Gleichwohl zeigt sich an einigen Stellen, dass selbst üppige Subventionen nicht immer planbar wirken. In Asien kam es zuletzt zu Situationen, in denen Fabriken weit größere Produktionsvolumina anmeldeten, als die lokale Nachfrage hergab. Das führte zu einem Überangebot und drückte die Preise für PEM-Systeme teils unter die Marke von 100 Euro pro Kilowatt, ohne dass dahinter zwingend dauerhafte Kostenvorteile standen. Ähnliche Entwicklungen lassen sich auch in Teilen Europas bei der PEM-Elektrolyse beobachten, wo Hersteller ihre Kapazitäten auf Pump erweitern, in der Hoffnung auf bald anziehende Abnahmemengen.
Die Kosten einer PEM-Anlage verteilen sich längst nicht nur auf die erste Rechnung. Zwar fließen beim Kauf – oft als CAPEX bezeichnet – beträchtliche Summen in Planung, Technik und Anschluss ans Netz. Doch über die Jahre hinweg schieben sich Betriebsausgaben, also OPEX, immer stärker in den Vordergrund. Wartungen, Ersatzteile und vor allem der benötigte Strom schlagen oft schwerer zu Buche als die Anfangsinvestition. Wer dabei nur auf die verlockende Euro-pro-Kilowatt-Marke blickt, übersieht schnell, dass Betriebsstunden, Stromtarife und die Haltbarkeit empfindlicher Komponenten mindestens ebenso stark auf das Gesamtergebnis wirken.
Zudem bringt selbst die modernste PEM-Technik Baustellen mit, die sich nicht allein durch Effizienzgewinne lösen lassen. Die Lebensdauer vieler Katalysatoren bleibt ein heikler Punkt, weil aggressive Bedingungen Membranen und Edelmetallschichten beanspruchen. Rohstoffe wie Platin und Iridium stammen häufig aus politisch fragilen Regionen und belasten damit nicht nur das Budget, sondern auch die Versorgungssicherheit. Außerdem rücken Fragen ins Licht, die weit über die Technik hinausreichen: Ohne ausgebautes Netz, verlässliche Speicher und stabile politische Rahmen droht selbst der attraktivste PEM-Elektrolyse-Preis ins Leere zu laufen.