Inhalt:
„Ida“ verankert sein Drama in einer Zeit des Umbruchs und schafft eine Perspektive auf persönliche Herkunft, soziale Erwartungen und unausgesprochene Verluste. Der Film setzt auf klare Formen, um komplexe Zusammenhänge sichtbar zu machen. Spannungen zwischen Vergangenheit und Gegenwart prägen den erzählerischen Rahmen. Die Figuren bewegen sich durch ein Umfeld, das innere und äußere Grenzen deutlich markiert und dennoch Raum für eigene Entscheidungen lässt.
Im Zentrum steht der Weg einer jungen Frau, die familiäre Fragen klärt, bevor sie ihr Gelübde ablegt. Eine Tante begleitet sie durch polnische Städte und ländliche Regionen, während Gespräche über Schuld, Herkunft und verschwundene Menschen an Bedeutung gewinnen. Begegnungen mit einem Musiker, Entdeckungen auf einem alten Grundstück und ein Fund im Wald verändern ihre Sicht. Wohin führt dieser Weg zwischen Erinnerung und Rückkehr?
Der Film „Ida“ erschien 2013, dauert 80 Minuten und gehört zum Genre Drama, wobei die FSK bei 0 liegt. Paweł Pawlikowski führte Regie und schrieb gemeinsam mit Rebecca Lenkiewicz das Drehbuch. Eric Abraham, Piotr Dzięcioł und Ewa Puszczyńska produzierten den Film, während Kristian Eidnes Andersen die Musik komponierte. Die Kamera übernahmen Ryszard Lenczewski und Łukasz Żal, und Jarosław Kamiński verantwortete den Schnitt. Agata Trzebuchowska spielt Anna beziehungsweise Ida, und Agata Kulesza übernimmt die Rolle der Wanda. Zudem wirken Dawid Ogrodnik als Lis sowie Jerzy Trela als Szymon mit, während Adam Szyszkowski Feliks verkörpert. Halina Skoczyńska tritt als Mutter Oberin auf, und Joanna Kulig erscheint als Sängerin.
Opus Film produzierte den Film in Polen, und die deutsche Erstaufführung erfolgte 2014 beim GoEast-Festival in Wiesbaden. Dort erhielt der Film den ŠKODA Filmpreis. Arsenal Film übernahm den deutschen Verleih. „Ida“ gewann bereits 2013 Hauptpreise in Gdynia, Warschau und London, zudem erhielt er 2014 mehrere Europäische Filmpreise sowie den LUX-Filmpreis. Der Film gewann 2015 den Oscar für den Besten fremdsprachigen Film und erreichte später internationale Erfolge.
In den frühen sechziger Jahren lebt die angehende Nonne Anna abgeschieden im Kloster. Die Priorin schickt sie zu ihrer Tante Wanda, damit sie vor dem Gelübde ihre Herkunft klärt. Anna reist nach Warschau und trifft dort auf Wanda, die ein intensives Leben führt und ihre Nichte sofort herausfordert. Die Begegnung verläuft angespannt, doch Wanda spricht offen über die ermordeten Eltern und nennt Annas eigentlichen Namen Ida. Dadurch entsteht eine neue Unsicherheit, und Anna erkennt den Abstand zwischen ihrer bisher ruhigen Welt und der widersprüchlichen Vergangenheit. Beide beschließen dennoch gemeinsam weiterzureisen. So beginnt ihre Suche nach Antworten und Spuren im Land.
Wanda drängt Anna weiterhin zu Erfahrungen außerhalb des Klosters, während sie unterwegs den Musiker Lis aufnimmt. Er wirkt interessiert, doch Anna hält Abstand, bis Neugier sie später zur Band führt. Die Gespräche bleiben vorsichtig, dennoch entsteht eine erste Nähe. Danach finden die Frauen Wanda betrunken im Zimmer, was Annas Zweifel verstärkt. Am nächsten Morgen bittet Anna um Hinweise auf die Grabstätte ihrer Eltern, und Wanda schlägt eine gemeinsame Suche vor. Sie fahren zum früheren Familienhaus, das nun Feliks Skiba bewohnt. Dort offenbart sich, dass die Familie die Lebensteins während des Krieges versteckt hatte und Angst weiter mitschwingt bei allen Schritten.
Feliks verweigert zunächst klare Angaben, jedoch führt er die Frauen schließlich zu seinem Vater. Der alte Mann liegt im Krankenhaus und spricht warm über Annas Familie, bleibt jedoch vage. Wanda berichtet dort, dass sie einst ihren Sohn Tadzio bei den Lebensteins ließ und ihn nie wiedersah. Feliks bittet die Frauen um Zurückhaltung, bietet jedoch Hilfe an, wenn Ida alle Ansprüche aufgibt. Danach bringt er sie in ein abgelegenes Waldstück und gräbt die Knochen der Ermordeten aus. Er gesteht seine Schuld und erklärt, dass er Ida wegen ihres Aussehens einem Kloster übergab, während Tadzio starb und traurige Leere spürbar im Hintergrund bleibt.
Nach der Bestattung der Gebeine in Lublin fahren beide zurück in ihre alten Leben. Wanda versinkt immer tiefer in Alkohol und flüchtigen Begegnungen, während Ida das Kloster erneut erreicht und ihre Entscheidung hinterfragt. Die Nachricht von Wandas Tod trifft Ida hart, doch sie reist nach Warschau, um der Beerdigung beizuwohnen. In Wandas Wohnung legt sie das Habit ab und probiert Kleidung ihrer Tante an, bevor sie Lis wiedertrifft. Beide verbringen eine Nacht zusammen, doch Idas Zweifel bleiben bestehen. Am Morgen verlässt sie die Wohnung leise und kehrt entschlossen zu ihrem Weg zurück und findet inneren Halt für ihre Rückkehr dorthin.
„Ida“ überzeugt durch seine radikale Bildsprache und intensive Atmosphäre. Der Regisseur zeigt seine Figuren selten aus der Nähe, stattdessen nutzt er weite, statische Einstellungen in kontrastierendem Schwarz-Weiß. Diese Reduktion erzeugt eine beklemmende Zeitlosigkeit und zwingt zum Blick auf Gestik, Mimik und Körperhaltung. Die Kamera bleibt meist stationär, so erscheinen Blicke und Bewegungen bedeutungsschwer. Musik und Ton unterstützen das durch leise Jazz- oder sakrale Klänge. Besonders eine Szene fällt ins Auge, in der eine junge Frau im Spiegelsaal in Wandas Kleidung tanzt – diese Montage spiegelt den inneren Konflikt mittels Licht und Schatten eindrucksvoll wider. Damit gelingt der Ton zwischen innerer Suche und äußerem Druck.
Die schauspielerischen Leistungen verstärken diesen Eindruck. Die Hauptdarstellerin wirkt ruhig, fast entrückt, und vermittelt zugleich Unsicherheit. Ihre Gegenspielerin strahlt rauhe Skepsis und latente Verzweiflung aus. Diese Spannung zwischen Zurückhaltung und Aufbegehren spürt man in jedem Blick. Der Film verzichtet auf große Worte und füllt dadurch die Leere mit Eindrücken und Fragen. Das bringt aber auch Schwächen mit sich. Wer eine klare moralische Haltung oder narrative Führung erwartet, könnte sich verloren fühlen. Der subtile Rhythmus bleibt fragmentarisch und verlangt Geduld und Aufmerksamkeit.
Letzte Aktualisierung am 4.12.2025 / Affiliate Links / Bilder von der Amazon Product Advertising API