Medizininfluencer: Besser als der eigene Hausarzt?

Medizininfluencer: Besser als der eigene Hausarzt?

Wenn körperliche Beschwerden und Schmerzsymptome auftreten, die schwer einzuordnen sind, hilft in den meisten Fällen Dr. Google. Doch die Suchmaschine bekommt Konkurrenz und muss sich mit einer ganzen Flut an Medizininfluencern konfrontiert sehen, die mit Halbwahrheiten und Behauptungen teilweise Falschinformationen vermitteln.

Lange Wartezeiten, volle Wartezimmer, unbefriedigende Antworten: Ein Arztbesuch kann sich langwierig gestalten und verlangt einem viel Geduld ab – vorausgesetzt, man erhält überhaupt einen Termin. Überfüllte Praxen und Ärzte unter Zeitnot sind der Grund, weshalb viele Patienten bei einigen Beschwerden und Befindlichkeiten auf die Hilfe des Internets zurückgreifen. Selbsthilfe statt Befund: Warum auf eine Sprechstunde in drei Wochen warten, wenn sich die Lösung selbst recherchieren lässt?

Dieser Gedanke mag plausibel erscheinen, doch kann er auf falsche Wege führen. In der Vergangenheit haben sich durch soziale Netzwerke und Foren viele Falschinformationen verbreitet, die von Medizininfluencern und selbst ernannten Fachexperten in unterhaltsamen Videos verbreitet werden. Zwischen Hundevideos und Beauty-Tutorial reiht sich der cool gefilmte Medizintipp nahtlos ein und wird mit einem Swipe konsumiert. Dass die vermittelten Inhalte jedoch selten eine wissenschaftliche Grundlage bieten oder belegbar sind, kümmert die Zielgruppe kaum. Solange es stylish präsentiert wird, erhält es einen Like.

Gefährliches Halbwissen filtern

Soziale Netzwerke haben die Macht, jedes Thema in ein modernes Gewand zu kleiden. Sei es noch so theoretisch und trocken: Mit ein paar Effekten, Musik und einem sympathischen Gesicht bleiben Fakten schneller im Gedächtnis. Leider betrifft dies auch die gefährlichen Halbweisheiten, die angebliche Themenprofis auf ihren Feeds veröffentlichen. Während etablierte Ärzte wie DocFelix, dem auf Instagram 742.000 Leute folgen, oder Doc Caro, die über 389.000 Followerinnen besitzt, seriösen Content verbreiten und die Ehre der Insta-Doktoren retten, gibt es zahlreiche Vertreter, die lediglich auf Reichweite aus sind. Besonders bei ungewöhnlichen Fragestellungen, wie was passiert wenn Frauen Viagra nehmen, bis zu Ernährungsfragen, ob Kaffee dem Körper wirklich Wasser entzieht, gilt es, die Antworten mit Bedacht aufzunehmen. Zudem sind Trendthemen wie der Umgang mit CBD-Ölen und Hanferzeugnissen ein echter Klickgarant für die Zielgruppe.

In extremen Fällen greifen die scheinbaren Profis auf Studien und Auswertungen zurück, die jedoch weder zugänglich sind, noch existieren. Leichtgläubige oder naive User schenken den Influencern ihr uneingeschränktes Vertrauen und blenden ihre Fähigkeit zur Bewertung vollkommen aus. Eine fatale Fehlentscheidung, die sich zu einem Problem entwickelt. Körperliche Folge- oder Langzeitschäden können sich entwickeln und irreparable Probleme verursachen. Informationen aus dem Internet sollten stets einer doppelten Prüfung unterzogen und im Zweifel vom Hausarzt bestätigt werden. Aufgrund individueller Entwicklungsmerkmale, zu denen Gewicht, Alter oder Krankheitsverläufe zählen, sind nicht alle medizinischen Ratschläge als allgemeingültig zu betrachten.

Mehr technologisierte Kommunikation für Ärzte

Um den Trend von der Selbstdiagnose per Influencer zurück ins Sprechzimmer zu lenken, haben einige Mediziner begonnen, digitale Sprechstunden anzubieten. Leider ist dieses Angebot noch sehr überschaubar und wird nur von wenigen Ärzten beansprucht. Dabei sind die Vorteile der Telemedizin schlüssig, da sie den herrschenden Ärztemangel auf dem Land schließen, stressfreier für das Praxispersonal sind und im Zuge des E-Health-Gesetzes Deutschland einen Schritt weiter nach vorn bringen. Hierzu muss sich jedoch die Bereitschaft der Ärzte stärken, auf digitale Angebote zu setzen und Alternativen anzubieten, um einen flächendeckenden Effekt zu erzielen und Patienten wieder für sich zu gewinnen.

Fazit

FazitDer Trend zur Selbstdiagnose durch Medizininfluencer birgt erhebliche Risiken, da falsche Informationen weit verbreitet sind und leichtgläubige Nutzer irreparable gesundheitliche Schäden erleiden können. Eine verstärkte Prüfung von Online-Informationen und eine Rückkehr zu traditionellen medizinischen Beratungen sind dringend erforderlich. Durch den Einsatz von Telemedizin können Ärzte dem Trend entgegenwirken und den Zugang zu fachgerechter Beratung erleichtern. Die Bereitschaft der Ärzte, digitale Angebote zu nutzen, könnte nicht nur den Ärztemangel lindern, sondern auch die Patientenzufriedenheit erhöhen und die medizinische Versorgung insgesamt verbessern.