Seit dem Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrags (GlüStV) im Juli 2021 steht der deutsche Glücksspielmarkt vor großen Herausforderungen. Trotz klarer Ziele wie Spielerschutz und Kanalisierung des Marktes in legale Bahnen, zeigt sich in der Praxis ein anderes Bild: Der Online-Casino Schwarzmarkt floriert, und viele Spieler wenden sich von lizenzierten Anbietern ab. Die Frage bleibt: Kann der Markt noch gerettet werden?
Der GlüStV 2021 sollte das Online-Glücksspiel in Deutschland regulieren und sicherer machen. Zentrale Maßnahmen waren.
Trotz dieser Regelungen zeigt eine Studie, dass fast die Hälfte der Online-Glücksspielaktivitäten in Deutschland bei nicht lizenzierten Anbietern stattfindet. Die erhoffte Kanalisierung in den legalen Markt bleibt somit aus.
iGaming hat mit ähnlichen regulatorischen Herausforderungen zu kämpfen wie der Krypto-Markt: Die strengen Auflagen für lizenzierte Anbieter haben unbeabsichtigte Folgen. Viele Spieler empfinden die Einschränkungen als zu restriktiv und suchen nach Alternativen. Internationale Plattformen ohne deutsche Lizenz bieten oft attraktivere Bedingungen:
Diese Angebote ziehen Spieler an, obwohl sie sich in einer rechtlichen Grauzone bewegen.
Die Maßnahmen zum Spielerschutz, wie das OASIS-System, sollen problematisches Spielverhalten verhindern. Allerdings berichten viele Nutzer von Frustration:
Diese Erfahrungen führen dazu, dass Spieler sich von lizenzierten Anbietern abwenden und auf weniger regulierte Plattformen ausweichen.
Die strengen Regulierungen erschweren es lizenzierten Online-Casinos, neue Kunden zu gewinnen und bestehende zu halten. Einschränkungen bei Boni und Werbung machen es schwer, sich von der Konkurrenz abzuheben. Zudem fehlen oft innovative Features, die Spieler von internationalen Anbietern gewohnt sind.
Internationale Online-Casinos nutzen die Lücken im deutschen Regulierungsmodell zu ihrem Vorteil. Sie bieten:
Diese Angebote sprechen viele deutsche Spieler an, die sich von den strengen Regeln des GlüStV abgeschreckt fühlen.
Es gibt Ansätze, den Markt zu reformieren. Einige Bundesländer, wie Baden-Württemberg, haben begonnen, Tischspiele in Online-Casinos zu regulieren . Zudem wird diskutiert, die Werbebeschränkungen zu lockern und die Einsatzlimits zu überdenken. Ob diese Maßnahmen ausreichen, um den Markt zu retten, bleibt abzuwarten.
Die Diskrepanz zwischen Anspruch und Realität lässt sich inzwischen auch deutlich in den Zahlen erkennen. Laut einer Analyse des Handelsblatts aus dem März 2024 lag der Bruttospielertrag (BSI) der legalen Online-Casino-Anbieter in Deutschland bei rund 5,14 Milliarden Euro – das klingt zunächst beeindruckend. Doch ein genauer Blick offenbart, dass rund 400 bis 600 Millionen Euro jährlich am legalen System vorbeifließen – in Richtung Schwarzmarkt und nicht lizenzierter Anbieter.
Noch brisanter ist eine Studie der Universität Leipzig, die davon ausgeht, dass bis zu ein Drittel aller Umsätze im deutschen Online-Glücksspiel außerhalb des lizenzierten Marktes stattfinden. Dabei nutzen viele Spieler gezielt technische Mittel wie VPNs oder ausländische Zahlungsdienstleister, um Beschränkungen zu umgehen. Es ist also nicht nur ein Randphänomen, sondern ein strukturelles Problem, das sich zunehmend verfestigt.
Ein weiterer Hinweis auf die Schieflage ist die geringe Zahl an erteilten Lizenzen. Die Gemeinsame Glücksspielbehörde der Länder (GGL), die seit 2023 für die Aufsicht zuständig ist, hatte Anfang 2025 gerade einmal 34 Lizenzen für virtuelle Automatenspiele vergeben. Das klingt nach einem kontrollierten Markt, deutet aber eher auf eine extrem hohe Markteintrittshürde hin. Viele potenzielle Anbieter verzichten inzwischen ganz auf eine Lizenz – zu aufwendig, zu wenig attraktiv, zu wenig wirtschaftlich.
Die Folge: Der Wettbewerb wird künstlich ausgedünnt. Spieler, die mit der geringen Auswahl, den Limitierungen und der fehlenden Spieltiefe unzufrieden sind, weichen auf Alternativen aus – oft auf Plattformen, die weder in Deutschland noch in der EU reguliert sind.
Auch das Thema Marketing ist kritisch. Während Anbieter in anderen Ländern mit Aktionen, Turnieren und kreativen Bonuskonzepten um die Gunst der Spieler werben dürfen, herrscht in Deutschland ein nahezu starrer Rahmen. Großzügige Bonusangebote, die international gängige Werbemittel darstellen, gelten hierzulande bereits als Grauzone. Wer sich daran hält, verliert den Wettbewerb – wer dagegen verstößt, riskiert Sanktionen.
Deutschland hat mit dem GlüStV 2021 einen Kurs eingeschlagen, der auf Sicherheit setzt – doch dabei droht die Attraktivität komplett verloren zu gehen.